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09.06.–15.06.
Eingang der KW Institute for Contemporary Art mit weißer Fassade, Fahnen und dem Schriftzug „KW“ über dem Torbogen. Der Haupteingang führt in einen Innenhof.

KW Institute for Contemporary Art, 2025, Bild: Raisa Galofre

KW Institute for Contemporary Art
Auguststraße 69
10117 Berlin

foxing

Zwei Stimmungen eröffnen die Ausstellung: zwei Bewegtbildarbeiten – in Form von burlesken und grotesken Fliegen – und eine Sektion mit dem Titel floral. Als Teil dieses Prologs verweist uns ein Verhandlungstisch auf die schriftliche Kodifizierung, Rechtsetzung und das Verfassen von Abkommen. In seiner Sichtachse führt eine Treppe auf einen Platz hinunter und stellt eine Behauptung auf: Und zwar, dass diese begehbare Skulptur eine legislative Leerstelle im nationalen Gefüge ist. Am anderen Ende dieses Platzes wird durch gewaltlose nächtliche Gartenarbeit ein Ort der Folter und des Todes mit künstlerischen Mitteln als öffentlicher Raum für die Allgemeinheit zurückgewonnen. Beide Akte des foxing – dieser Umkehrung widriger Umstände – sind durch einen Sonnenstrahl voneinander getrennt. Auf diesem zentralen Platz passiert man eine Schwelle aus Skulpturen aus Sprache und Stimme, Instrumenten, Ruf und Antwort.

Artists Street

Fünf Etagen – gestapelt wie ein Turm – bilden zusammen diesen Abschnitt der Biennale, der nach den Kunstaktionen benannt ist, die von Künstler*innen, Comedians und Theaterschaffenden in den Tagen und Monaten nach dem Militärputsch in Myanmar im Februar 2021 veranstaltet wurden. Damals erklärten Künstler*innen die Straße vor dem Gerichtsgebäude von Yangon zur „Artists’ Street“ und verwandelten sie durch von feministischem Kabarett inspirierte Performances in eine queere Bühne.

Diese Haltung karnevalesker Fröhlichkeit knüpft nicht nur an einen generationenüber-greifenden, von Frauen geprägten Humor gegen Militarismus an, sondern erinnert auch an die escraches – performative Straßenaktionen mit absurden, surrealen Bildern, die vor den Häusern von Kollaborateur*innen der letzten argentinischen Diktatur inszeniert wurden, um deren Rolle öffentlich zu machen. In unmittelbarer Nähe verweben sich Werke aus unterschiedlichen geografischen Kontexten zu generationsübergreifenden Kunstgeschichten.

Der Geist des brasilianischen Dramatikers Augusto Boal, etwa die Figur des Joker oder des Difficultators, hallt in künstlerischen Ausdrucksformen nach, die auf größere Komplexität zielen, anstatt einfache Antworten zu geben. Die Künstler*innen fordern Ideen kritischer Vorstellungskraft – und deren Mangel – heraus, etwa mit einem Protest gegen interplanetaren Extraktivismus auf dem Mars oder mit einem Menü globaler Waffenverkäufe als moderne Form von Sklaverei und dem schwarzen Humor eines Comedy Clubs.

Geschichte des Gebäudes

1996 wird die Berlin Biennale im Umfeld der damaligen Kunst-Werke, dem heutigen KW Institute for Contemporary Art, gegründet. Seit ihrer ersten Ausgabe im Jahr 1998 zeigt die Berlin Biennale stets große Teile ihres Programms in den KW. 1991 in einer baufälligen Margarinefabrik in der Auguststraße in Berlin-Mitte entstanden, haben die KW sich seitdem zu einem Ort für progressive künstlerische Praktiken entwickelt und einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, Berlin nach dem Fall der Mauer als international relevanten Ort für zeitgenössische Kunst zu etablieren. Die Fragen unserer Gegenwart sind Bezugspunkte für Produktion, Präsentation und Vermittlung von zeitgenössischer Kunst in den KW. Ohne ständige Sammlung bewahren sich die KW ein hohes Maß an Flexibilität und Offenheit, auf die Gegenwart zu reagieren und ein Programm zu entwickeln, das sich an ihr orientiert. Sich der eigenen internationalen Strahlkraft bewusst, bleiben die KW weiterhin tief in ihrem lokalen Kontext verwurzelt.