People’s Tribunal

Wenn man das Recht als Gesellschaftsvertrag betrachtet – eine „Ästhetik“, um es mit den Worten der Rechtswissenschaftlerin und Künstlerin Stacy Douglas zu sagen –, dann eröffnet sich auch die Möglichkeit, alternative Rechtssysteme mit unterschiedlichen Definitionen von Verfahren und Gerechtigkeit zu gestalten.

Die 13. Berlin Biennale beruft zwei People’s Tribunals ein – gemeinschaftsbasierte Justizforen, die sich mit Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit befassen, die von staatlichen Akteur*innen, privaten Milizen oder Unternehmen begangen wurden. Jedes Tribunal wird Jurist*innen, Aktivist*innen und Sachverständige einladen, sich zu einem Fall zu äußern, in dem die derzeitige politische Führung keine Gerechtigkeit hat walten lassen (oft aufgrund der Mitschuld ihrer Institutionen). Auch wenn die Ergebnisse dieser Tribunale nur symbolischen Charakter haben, geben die Prozesse Einblick in die Möglichkeiten abweichender Systeme, die möglich werden, wenn wir die Idee des bestehenden Rechts nicht als absolut betrachten.

Das erste People’s Tribunal, organisiert in Zusammenarbeit mit der Bana Group for Peace and Development, beschäftigt sich mit der Unterdrückung und Verfolgung von Aktivist*innen im Sudan. Ein zweites Tibunal wird kultureller Repression als Unterdrückung der Zivilrechte auf den Philippinen verhandeln. Bei der Beweisführung helfen die deutsche Sektion der International Coalition for Human Rights in the Philippines und ALPAS Pilipinas, eine Interessenvertretung, deren Akronym sich frei mit „Alternative Träume für unser Land und unser Volk“ übersetzen lässt. Nach jedem Tribunal findet ein offenes Forum statt: eine Diskussion zwischen den Teilnehmer*innen des Tribunals und dem Publikum.

Unter der Leitung des Künstler*innenduos Sinthujan Varatharajah und Moshtari Hilal werden die Dokumentationen der Tribunale samt der gesammelten Beweise während der Biennale ausgestellt, sodass die Öffentlichkeit am Ende die Möglichkeit hat, fundierte Beiträge zum Forum zu leisten.

Text: Kate Sutton