Shahana Rajani


Shahana Rajani, a cipher for the missing [Eine Chiffre für die Vermissten], 2022, Videostill © Shahana Rajani
ausstellungsort

Shahana Rajani, *1987 in Karachi, Pakistan. Orte der Zugehörigkeit: Karachi, Tkaronto / Toronto. Verbundenheit: Karachi LaJamia.
© Zahra Malkani
Die Dattelpalme, deren Ursprünge über 50 Millionen Jahre zurückreichen, ist ein Symbol für Nahrung und Widerstandskraft. Diese Baumart gedeiht nicht nur unter extremen Bedingungen, sondern nährt auch ihr Umfeld. Sie wird vom Wind bestäubt und ihre Wurzeln reichen bis tief in die Erde, um in trockenen Gebieten Wasser zu finden. Vielleicht wird ihr aus diesem Grund der Zugang zu verborgenem Wissen nachgesagt – Wissen, das sie Bibi Fatima, der geliebten Tochter des Propheten Mohammed, offenbarte. In dieser Tradition steht auch ein Brauch der Belutschen, der unter Frauen weitergegeben wird: Sie wenden sich an die Dattelpalme, um Hinweise darauf zu erhalten, wo die vom Militär entführten und verschollenen Personen zu finden sind. Doch diese Frauen sind nicht die Einzigen, die versuchen, die Kraft der Palme zu nutzen. Die Dattelpalme ziert auch das Wappen der Pakistan Rangers, einer paramilitärischen Einheit, die für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung zuständig ist.
Shahana Rajani reflektiert über diese konkurrierenden Ansprüche in ihrer Arbeit a cipher for the missing. Wettergegerbte Hände drehen Palm- blätter zu einem kleinen, verknoteten Bündel, das anschließend auf eine Bodenmatte gelegt wird, um gelesen zu werden. Es entsteht ein feines Wechselspiel von Spannung und Entspannung – die Palmblätter geben einem unsichtbaren Druck nach und nehmen eine neue Form an. In diese Bilder sind Aufnahmen aus Korangi, einem Industrieviertel Karachis, eingebettet. Das Gebiet war einst ein Mangroven- und Wattwald, in dem Dattelpalmen gedie- hen. Inzwischen wurden diese Bäume durch militärische Strukturen ersetzt, die das Emblem der Rangers tragen. Und doch – trotz der Bemühungen des Paramilitärs, seine Präsenz auf dem Land zu verankern – beobachtet Rajani, wie die Wüste mit ihrer eigenen Form des Widerstands antwortet: indem sie sich für eine Art des Sehens und Wissens entscheidet, die über die von militärischer Überwachung gesammelten Daten hinausgeht.
Text: Kate Sutton
ausstellungsort

Shahana Rajani, *1987 in Karachi, Pakistan. Orte der Zugehörigkeit: Karachi, Tkaronto / Toronto. Verbundenheit: Karachi LaJamia.
© Zahra Malkani