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09.06.–15.06.
Eine Person steht im Freien und trägt einen traditionellen kaschmirischen Mantel mit floralen Ornamenten. Das Gesicht der Person ist unkenntlich gemacht und in der Hand hält sie ein Foto einer Nahaufnahme von einem Kohl. Ein grün-gelber Filter liegt über dem Foto.

Kashmiri Cabbage Walker, Orte der Zugehörigkeit: Kaschmir. Buch: Towards a Spatial Imaginary. Walking Cabbages and Watermelons, 2013.

© KCW

Han Bing, *1978 in Yuzhou, China. Orte der Zugehörigkeit: China. Verbundenheit: Amor Mundi Institute, Intervention Committee. Buch: The Art of Protest. Political Art and Activism, 2021.

Einen Kohl auf einem Wägelchen spazieren zu führen, ist eine kraftvolle Geste, weil sie absurd ist – genauso absurd wie der Grad der Militarisierung Kaschmirs, wo auf sieben Zivilist*innen eine Soldat*in kommt. Seit 2015 aktiv, trägt die Figur des Kashmiri Cabbage Walker immer einen pheran – einen traditionellen kaschmirischen Mantel. Es handelt sich um eine flüchtige Erscheinung, geprägt von einer diffusen, kollektiven Subjektivität, die es erlaubt, die Aktion in Solidarität mit vielen Kämpfen weltweit zu performen – und sich gleichzeitig einer möglichen Überwachung oder Festnahme zu entziehen. Eine Geste, die sich weitergeben lässt.

Die Performance und Bewegung Walking the Cabbage wurde 2000 von Han Bing auf dem Tiananmen-Platz in Peking initiiert. Bing versteht Kohl als Symbol für die Ernährung auf dem Land und verweist auf seine Stellung im heutigen China als Hauptnahrungsmittel von Menschen, deren Ressourcen begrenzt sind. Indem Bing die auf alltägliche Praktiken, Identitäten und Ideen verweisenden Elemente des Kohls und des Spazierengehens in einen performativen Raum überführt, kehrt Bing die Idee dessen, was als „natürlich“ gilt, um, und stellt infrage, was wir als konstitutiv für uns selbst betrachten. Diese bereits seit vielen Jahren alltäglich performten „Gassigänge“ mit Gemüse und Alltagsgegenständen finden großen Anklang in Kontexten wie Kaschmir oder Kairo.

Nun, 25 Jahre nach der ersten Performance in Peking in Berlin angekommen, ist der ausgestellte Wagen ein schelmisches Zeichen für das Potenzial radikaler Handlungen, die in ihrer Stille und in ihrem scharfsinnigen Witz äußerst laut sein können. Die Absurdität dieser performativen Spaziergänge in der Stadt kehrt die Logik ungerechtfertigter Gewalt um. Eine Provokation, die uns auffordert, jene normalisierten Formen der Unterdrückung zu erkennen, die uns umgeben – oder in uns wohnen.

Text: Valentina Viviani

Eine Person steht im Freien und trägt einen traditionellen kaschmirischen Mantel mit floralen Ornamenten. Das Gesicht der Person ist unkenntlich gemacht und in der Hand hält sie ein Foto einer Nahaufnahme von einem Kohl. Ein grün-gelber Filter liegt über dem Foto.

Kashmiri Cabbage Walker, Orte der Zugehörigkeit: Kaschmir. Buch: Towards a Spatial Imaginary. Walking Cabbages and Watermelons, 2013.

© KCW

Han Bing, *1978 in Yuzhou, China. Orte der Zugehörigkeit: China. Verbundenheit: Amor Mundi Institute, Intervention Committee. Buch: The Art of Protest. Political Art and Activism, 2021.