Artcom Platform

Seit 2020 entwickelt das von Frauen geleitete Kunst- und Forschungskollektiv Artcom Platform neue Systeme zum Schutz des Balchaschsees in Kasachstan. Der sichelförmige See ist eines der größten Binnengewässer der Welt, jedoch auch von den gleichen Bedrohungen durch Übernutzung und Klimawandel betroffen, die zum Austrocknen des Aralsees und anderer Gewässer in der Region geführt haben. Kasachstan hat kürzlich dem Bau eines Atomkraftwerks am Ufer des Sees zugestimmt, was die Umwelt in der Umgebung zusätzlich gefährden wird.

Auf der Suche nach hoffnungsvollen Perspektiven für diese natürliche Ressource greift Artcom Platform auf die Taktiken von Qazaqlïq zurück, einer Tradition der „Steppendemokratie“, die es dem kasachischen Volk ermöglicht hat, seine halbnomadische Lebensweise auch unter kolonialer Unterdrückung und erzwungener Sesshaftigkeit zu bewahren. Qazaqlïq steht für die bewusste Ablehnung gesellschaftlicher und rechtlicher Zwänge und für die freiwillige Flucht in die Freiheit. Das Kollektiv fühlt sich zum Medium Video hingezogen, da sich mit der Digitalkamera die Perspektive derjenigen verfolgen lässt, die sich auf Pferden durch die Landschaft bewegen. Balkhash Zhyry ist ein Videoessay über die verschiedenen Angriffe auf das Ökosystem des Sees – erzählt mit der Stimme des Sees selbst. In Anspielung auf die Tradition des Webens als kollektive Praxis wird das Video innerhalb einer Struktur aus Steppenschilf gezeigt.

Außerdem errichtet Artcom Platform im Treppenhaus des ehemaligen Gerichtsgebäudes ein stilles Denkmal, das an die Menschen aus ganz Kasachstan erinnert, die im Jahr 2022 während eines Aufstandes, der als „Blutiger Januar“ bekannt wurde, getötet, inhaftiert oder gefoltert wurden. Ausgelöst durch die explodierenden Erdölpreise, waren die friedlichen Proteste Ausdruck der wachsenden Kritik an der Regierung, die im Gegenzug ihre eigenen Bürger*innen als „Terrorist*innen“ bezeichnete, um den Einsatz tödlicher Gewalt zu rechtfertigen.

Text: Kate Sutton