Armin Linke

Im Jahr 2025 fotografierte Armin Linke das Gemälde Der Berliner Kongreß 1878 (1881) von Anton von Werner im Festsaal der Berliner Senatskanzlei. Das Werk zeigt eine Konferenz der damaligen Großmächte: Otto von Bismarck, der russische Diplomat Graf Schuwalow und der österreichisch-ungarische Graf Andrássy ziehen den Blick in den Vordergrund, wo der Händedruck zwischen Bismarck und Schuwalow als visueller Anker dient. Durch gezielte Lichtführung, Anordnung und Gestik inszeniert der Künstler eine Zwei-Klassen-Diplomatie, in der die Großmächte folgenschwere Entscheidungen über die Balkanstaaten treffen, deren Vertreter am Rand des Geschehens stehen.

Der Gipfel, der vom 13. Juni bis zum 13. Juli 1878 in der Reichskanzlei stattfand, reorganisierte die Balkanstaaten. Deutschland war Gastgeber, Österreich-Ungarn, Russland und Großbritannien nahmen teil, das Osmanische Reich beobachtete. Bismarcks Deutschland, das keine territorialen Ansprüche auf dem Balkan hatte, agierte als „ehrlicher Makler“, allerdings nicht ohne Interessen. Berlin, Wien und London bemühten sich, den Einfluss Moskaus einzuschränken, das trotz militärischer Überlegenheit lediglich bescheidene Gebietsgewinne in Bessarabien erzielte. Die nationalen Bestrebungen des Balkans wurden ignoriert, während Österreich-Ungarn Gebiete willkürlich annektierte – was die Weichen für den Ersten Weltkrieg und andere Konflikte stellte. Sechs Jahre später vermittelte Bismarck die Berliner Konferenz (1884) – auch bekannt als „Wettlauf um Afrika“–, bei der die europäischen Mächte ohne afrikanische Beteiligung den Kontinent unter sich aufteilten.

Ein Vermächtnis des Kongresses von 1878 ist die Festschreibung des auf osmanische Zeiten zurückgehenden Status quo an den religiösen Stätten in Jerusalem und Bethlehem. Bis heute regelt dieses Arrangement die Rechte auf Besuch und Gebet an diesen heiligen Orten.

Text: Somrak Sila