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Vorne: Kazuko Miyamoto, Protest Parade “Rebuilding the Garden” [Protestparade „Den Garten wieder aufbauen“], 1986, Installationsansicht, 13. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 2025. © Kazuko Miyamoto; Hinten: Etcétera, LIBERATE MARS [Befreit Mars], 2025. © Etcétera; Bild: Diana Pfammatter, Eike Walkenhorst

Kazuko Miyamoto, *1942 in Tokyo, Japan. Orte der Zugehörigkeit: New York. Buch: Kazuko Miyamoto, 2024.

Kaum eine Künstlerin verkörpert die Idee des Freigeistes so sehr wie Kazuko Miyamoto. Ein Blick auf ihr 60-jähriges Schaffen offenbart eine methodische Auseinandersetzung mit strukturellen Prinzipien, die in materiellen und körperlichen Formen verwurzelt sind, und die sie stets in den Dienst feministischer Überzeugungen und Praktiken stellte. Ihr Werk verbindet konzeptionelle Strenge mit formaler Großzügigkeit – von den String Constructions aus den 1970er Jahren – „Zeichnungen“ im Raum aus mit Nägeln befestigten Baumwollschnüren – bis hin zu den kimonoartigen Holzmustern und textilen Gewändern aus den 2000ern. Ihre Großzügigkeit zeigt sich auch in ihrem Aktivismus und ihrer Unterstützung anderer Künstlerinnen: Zunächst als Teilnehmerin, später als Organisatorin und schließlich als Galeristin der kollektiv von Frauen betriebenen A.I.R. Gallery (ab 1974) und in ihrem eigenen Ausstellungsraum Onetwentyeight, der bis heute in der Rivington Street 128 existiert. Von Sol LeWitt über David Hammons und Ana Mendieta bis hin zu Howardena Pindell: Mit einer Diashow im historisch-grobkörnigen Stil präsentiert die 13. Berlin Biennale erstmals Miyamotos Ausstellungsaktivitäten und deren Hervorgehen aus dem künstlerischen Leben auf der Straße.

Die Artists’ Street hebt noch einen weiteren Aspekt von Miyamotos Werk hervor, welcher für sie als Künstlerin mit nicht-europäischen Wurzeln in der prekären New Yorker Kunstszene des späten 20. Jahrhunderts zentral war: ihr Interesse an der Straße und ihren Bewohner*innen, an den Sexarbeiterinnen, die sie fotografieren durfte, oder den obdachlosen Männern, mit denen sie zum Beispiel in Waiting for the Carnival (1983) kollaborierte. Die Arbeit verweist auf Samuel Becketts Warten auf Godot (1952) und wird durch eine fotografische Dokumentation in Erinnerung gerufen, die Miyamoto zeigt, wie sie als Obdachlose gekleidet von der A.I.R. Gallery aus durch die Lower East Side bis hin zum avantgardistischen Performanceraum Franklin Furnace streift. Das Leben als Performance von Kunst als Performance von Leben.

Text: Claire Tancons

Kazuko Miyamoto, *1942 in Tokyo, Japan. Orte der Zugehörigkeit: New York. Buch: Kazuko Miyamoto, 2024.

Kazuko Miyamoto, Waiting for the Carnival [Auf den Karneval warten], 1983, Installationsansicht, 13. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 2025. © Kazuko Miyamoto; Bild: Diana Pfammatter, Eike Walkenhorst