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09.06.–15.06.
Eine Gruppe an älteren Personen sitzt auf Steinen und erledigt Näharbeiten.

Jane Jin Kaisen, Halmang, 2023, Videostill © Jane Jin Kaisen

Eine Person mit langen Haaren stützt das Kinn auf die Hand und schaut im Seitenprofil in die Kamera. Ein grün-gelber Filter liegt über dem Foto.

Jane Jin Kaisen, *1980 auf Jeju Island, Südkorea. Orte der Zugehörigkeit: Jeju, Kopenhagen, Seoul. Buch: Jane Jin Kaisen. Community of Parting, 2020.

© Daniel Zox

Viele Nationen betrachten die zu ihnen gehörenden Inselgemeinschaften als Randgebiete – als Orte, an denen die Gepflogenheiten des Festlands nicht gelten. Jane Jin Kaisen hat auf der südkoreanischen Insel Jeju vier Videos gedreht: Core führt uns in die dortige Schlangenhöhle und Portal in die Felsspalten der Gezeitenzone. In Wreckage werden zu den Klängen eines schamanischen Klagerituals Unterwasserbilder des unbändigen Meers mit Aufnahmen eines Propagandafilms überblendet, den die US-amerikanische Armee 1945 auf Jeju produzierte.

In Halmang porträtiert Kaisen acht Tiefseetaucherinnen – Haenyeo, die ganzjährig im Meer nach Weichtieren und Algen tauchen. Sie zeigt die älteren Frauen, während sie auf einem Felsvorsprung Sochang-Stoffballen vorbereiten. Sochang, lange, schmale Baumwollstreifen, die auch in Kaisens Installation Knots and Folds zu sehen sind, sind Teil von Initiationsriten und schamanischen Ritualen für die Göttin des Meeres, werden aber auch im Haushalt genutzt. Die felsige Lavainsel in Halmang dient als Schrein für die Göttin des Windes und als Startpunkt für die Tauchgänge.

Halmang bedeutet auf Koreanisch Großmutter und bezeichnet die schamanischen Göttinnen auf Jeju, zu denen auch Seolmundae Halmang gehört, die, dem Glauben nach, die Welt und alles Leben in ihr erschuf. Kaisens Film erlaubt uns einen intimen Einblick in die Arbeit der Frauen und verwebt dabei schamanische Praktiken mit den Solidaritäten, die sie untereinander bei der gemeinsamen Arbeit entwickeln. Während die Taucherinnen mit den langen Stoffbahnen beschäftigt sind, die mal wie ein mythisches Wesen, mal wie eine Spirale drapiert sind, beobachten wir ein Ritual – eine Choreografie aus langsamen, bedächtigen Bewegungen, die eine innige spirituelle Verbindung mit der Natur offenbart. Kaisen zeigt uns einen feministischen, auf Folklore basierenden Dialog und kritisiert damit die Geringschätzung alternativer Spiritualitäten durch die moderne Gesellschaft.

Text: Sumesh Sharma

Eine Person mit langen Haaren stützt das Kinn auf die Hand und schaut im Seitenprofil in die Kamera. Ein grün-gelber Filter liegt über dem Foto.

Jane Jin Kaisen, *1980 auf Jeju Island, Südkorea. Orte der Zugehörigkeit: Jeju, Kopenhagen, Seoul. Buch: Jane Jin Kaisen. Community of Parting, 2020.

© Daniel Zox