

Htein Lin, The Fly (Paris) [Die Fliege (Paris)], 2008, Installationsansicht, 13. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 2025. © Htein Lin; Bild: Eberle & Eisfeld
ausstellungsort
Htein Lin, *1966 in Ingapu, Burma. Orte der Zugehörigkeit: Mezaligon, Pajau, Yangon, London, Kalaw. Verbundenheit: Gangaw Village, Association for Myanmar Contemporary Arts (AMCA), Coming From Kalaw (CfK), Dhamma Mahā Pabbata Vipassana Meditation Centre (Taunggyi).
Chaw Ei Thein, *1969 in Yangon, Burma. Orte der Zugehörigkeit: Myanmar, London, Chiang Mai, Mae Sot, Saigon, New York, Santa Fe. Verbundenheit: Association for Myanmar Contemporary Arts (AMCA), STUDiO MUDRA. Dokumentarfilm: Listen, 2017.
Htein Lin hat The Fly im Gefängnis konzipiert und vor politischen Mithäftlingen erstmals performt. Wenngleich nur durch anekdotische Berichte belegt, ging die Performance als absurdes Meisterwerk in die Kunstgeschichte Myanmars ein. Nach seiner Entlassung führte er sie viele Male auf.
Nach dem Scheitern des demokratischen Volksaufsaufstandes 1988 in Myanmar floh Htein Lin ins Exil und schloss sich im Regenwald der Widerstandsgruppe All Burma Students’ Democratic Front an. Konflikte in der Gruppe führten zu brutalen Säuberungsaktionen – Paranoia und Wahnsinn trieben seine Kamerad*innen dazu, Htein Lin monatelang zu foltern – grausamer als das Militär. Er entkam, etwa 20 Mitgefangene wurden hingerichtet. Im Mai 1998 wurde er zu Unrecht der Anzettelung von Protesten beschuldigt und für über sechs Jahre inhaftiert. Seine Haft war ein Kampf ums Überleben, die Kunst war in dieser Zeit lebensnotwendig. Während er 2022 erneut ein Jahr ins Gefängnis musste, reinszenierte seine frühere Performancepartnerin Chaw Ei Thein das Werk.
The Fly (Paris) ist ein mit einer Handkamera in niedriger Auflösung aufgenommenes One-Shot-Video. Nahaufnahmen von Htein Lins Gesicht wechseln mit unscharfen Bildern seines Körpers und Ansichten des schwach beleuchteten Raums. Gefesselt und unbekleidet unter einem Scheinwerfer sitzend, fixiert er sich auf eine brummende Fliege, was den Fokus auf sein Gefangensein verstärkt. Seine Mimik und Bewegungen passen sich dem Summen der Fliege an und verkörpern darin den Fänger wie den Gefangenen. In einem zentralen Moment fängt Htein Lin die Fliege und schluckt sie. Sein Körper zuckt und verwandelt sich – seiner Fesseln entledigt, übernimmt er die erratische Energie der Fliege. Er erkundet seine neu gewonnene Freiheit und belästigt nun das Publikum. Wie ein Gefangener, der die Kraft in sich aufnimmt, die ihn zuvor unterdrückt hat, so überführt Htein Lin die Situation der Beschränktheit in Befreiung. Trotz erbarmungsloser Verfolgung entdeckt er eine tiefe Freiheit im fokussierten Raum seines Geistes.
Text: Somrak Sila
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Htein Lin, *1966 in Ingapu, Burma. Orte der Zugehörigkeit: Mezaligon, Pajau, Yangon, London, Kalaw. Verbundenheit: Gangaw Village, Association for Myanmar Contemporary Arts (AMCA), Coming From Kalaw (CfK), Dhamma Mahā Pabbata Vipassana Meditation Centre (Taunggyi).
Chaw Ei Thein, *1969 in Yangon, Burma. Orte der Zugehörigkeit: Myanmar, London, Chiang Mai, Mae Sot, Saigon, New York, Santa Fe. Verbundenheit: Association for Myanmar Contemporary Arts (AMCA), STUDiO MUDRA. Dokumentarfilm: Listen, 2017.

Htein Lin, The Fly (Paris) [Die Fliege (Paris)], 2008, Installationsansicht, 13. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 2025. © Htein Lin; Bild: Eberle & Eisfeld

Chaw Ei Thein, Scorched Fly [Versengte Fliege], 2023, Installationsansicht, 13. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 2025 © Chaw Ei Thein; Bild: Eberle & Eisfeld